Danke für Info
Braucht man dazu ein zusätzlichen Hardware ?
Ich hole hier bewusst mal etwas aus; Warnung, das wird TL;DR und ein wenig oT.
Ob man nun FHEM, Home Assistant, openHAB oder eine andere Automationssoftware verwendet - die Systeme sind alle darauf ausgelegt, dass sie auf einem Gerät laufen, das ständig eingeschaltet bleibt. Es ist ja eben Sinn und Zweck der Automation, dass ständig Zustände (Werte wie Temperaturen oder Lichteinfall, oder Ereignisse wie das Öffnen oder Schließen einer Tür oder das Auslösen eines Bewegungssensors, oder auch ein Tastendruck) überwacht werden und dann, wenn ein solches Ereignis eintritt, einprogrammierte andere Ereignisse automatisch ausgelöst werden. Hierfür muss ein Gerät eben zweckentsprechend ständig laufen.
Da ein normaler PC zumindest im Heimbereich viel zu viel Energie für einen Dauerbetrieb konsumiert, ist die Software daher eher auf Geräte ausgelegt, die mit relativ geringer Rechenleistung und entsprechend geringem Stromverbrauch dauernd laufen. "Klassiker" ist der erste wirklich brauchbare und preisgünstige Einplatinencomputer, ein Raspberry Pi. Es gibt inzwischen aber auch eine Reihe anderer Rechner ähnlicher Preislage, die hinsichtlich der verbauten Hardware teils auch nicht so universal aufgebaut sind, sondern bei denen zum Beispiel die Eignung als Server für Massenspeicher im Vordergrund steht. Andere solche Geräte sind für die Verwendung im Industriebereich ausgelegt und eher auf "robust" getrimmt, das heißt, man kann mit ihnen, wenn man das richtige Gehäuse wählt, (etwas übertrieben) zuerst Fußball spielen, sie danach in einem Sägewerk neben der Säge auf einer Hutschiene montieren und danach mit einem Wasserstrahl abspritzen, und sie laufen immer noch ohne jede Macke.
Diese Geräte und dementsprechend die Heimautomationssoftware ist im Prinzip plattformunabhängig ausgelegt, bloß unterstützt Windows solche plattformunabhängige Software (noch) eher rudimentär. Herunterladen, installieren und starten - auf einem Windows-PC funktioniert das nicht so einfach. "Home Assistant" lässt sich zum Beispiel auf einer virtuellen Maschine unter Windows einrichten. Was die meisten, die das versuchen, dann aber erst noch herausfinden müssen, ist, dass im BIOS / UEFI (das ist das, wo man mit der "Del"- bzw. "Entfernen"-Taste beim Computerstart hineinkommt) erst noch die Unterstützung der Virtualisierung durch den Prozessor freigegeben werden muss.
Mit einer kleinen, günstigen dezidierten Maschine (man braucht keine großartige Rechenleistung) und Linux kommt man daher recht gut zurecht. Ich selber habe ein System auf einem passiv gekühlten Raspberry Pi mit dem Standard-Betriebssystem Raspberry OS laufen, und zwar "headless", also ohne angeschlossene Tastatur oder Monitor, sondern ich logge mich über SSH in das System ein und kümmere mich über die textbasierte Schnittstelle um das Betriebssystem (wofür normalerweise nicht mehr als ein gelegentliches "sudo apt update && sudo apt dist-upgrade" erforderlich ist). Die Oberfläche des Systems selbst - zum Programmieren der Heimautomation - kann man über ein Web-Interface per Browser erreichen. Da "Home Assistant" teils Veränderungen der Konfigurationsdateien benötigt und nicht alles genau so, wie ich es möchte, über die Web-Oberfläche änderbar ist, habe ich zudem das Verzeichnis mit den Konfigurationsdateien auf meinem PC als Netzlaufwerk eingebunden (das heißt in diesem Zusammenhang "Samba Share"). In anderen Fällen lässt sich zwar etwas über die grafischen Oberflächen einrichten; es kann aber einfacher sein, stattdessen einfach zehn Zeilen YAML-Code zu schreiben (was nicht schwer ist; YAML ist wohl so ziemlich der einfachste Code, den es gibt; da ist fast eine Einkaufsliste anspruchsvoller).
Was benötigt man sonst noch? Gehäuse, ein halbwegs leistungsfähiges Netzteil und Ausrüstung zur Vernetzung: Netzwerkkabel einschließlich gegebenenfalls einen nicht gemanagten Switch. Hier in Berlin habe ich technikaffine und recht wohlhabende Nachbarn. Es sind sage und schreibe circa 100 WLAN-Netze daueraktiv, die über Funkverbindungen laufende Netze nicht gerade zum Vergnügen machen. Zigbee macht sogar schon bei mehr als drei Metern Abstand Zicken. Stromnetz-Systeme hatten auch schon dazu geführt, dass ich unversehens in der Filmsammlung des Nachbarn drin war. Daher verbinde ich in der Wohnung mit LAN-Kabel, was das Zeug hält. Ich würde allgemein dazu raten, gleich auf Verkabelungen des Netzes zu setzen. Seit wir damit angefangen haben, schleppen sowohl meine ebenso technikaffine Herzallerliebste wie auch ich selbst häufiger irgendwelche kleinen Kästchen an, die mit anderen Kästchen "sprechen" möchten. Nur über LAN-Kabel funktioniert das hier zuverlässig.
Zur Bedienung des Ganzen habe ich ein Billigst-Tablet aus China eingerichtet, das überhaupt nichts darf, außer die Bedienoberfläche des "Home Assistant" (und davon nur eine Karte und nichts mit Admin-Funktionen - und Funktionen wie z.B. "Auto aufschließen" sind da auch nicht drauf) anzuzeigen. Das steht auf einem Ständer im Wohnzimmer. Die Software "Fully Kiosk" sorgt dafür, dass das Tablet beim Einschalten immer nur diese Seite anzeigt und man die Seite auf dem Tablet auch nicht verlassen kann. Die Seite hat dann verschiedene Tabs.
Zur Einrichtung: Wie beispielsweise das System "Home Assistant" eingerichtet werden kann, kann man hier sehen: https://www.home-assistant.io/installation/
Da es sich um Systeme handelt, die auf Leute ausgelegt sind, die beeinflussen wollen, was geschieht, ist da nichts "Plug & Play". Die ganz grundlegenden Linux-Befehle sollte man ebenso kennen wie etwas Englisch (wenn man die von mir gerade verlinkte Seite versteht, genügt das aber) und sich auch mal damit beschäftigen, wie man einen Raspberry Pi erstmals einrichtet (das Netz ist voll mit Anleitungen), und dass man per SSH nur hineinkommt, wenn man beim Start eine Datei mit dem Namen "SSH" auf der SD-Karte anlegt, die irgend weshalb auch nicht ganz leer sein darf.
Empfehlen kann ich noch den bald nicht mehr lieferbaren "Harmony Hub" von Logitech. Wieso dieses Gerät nicht mehr nachgefragt wird, ist mir ein Rätsel. Das ist nichts anderes als eine programmgesteuerte Universalfernbedienung. Diese macht aber Receiver, Verstärker, Fernseher etc. für bestimmte programmierte Anwendungsfälle korrekt an und aus. Wenn ich auf "Fernsehen" drücke, gehen bei mir z.B. der Kabeltuner, der Verstärker und der Fernseher hintereinander an. Wenn ich dann auf "Musik hören" umschalte, bleibt der Verstärker an und wechselt auf einen anderen Eingang, nämlich für einen kleinen Musikstreaming-Client (übrigens auch ein Raspberry Pi), der ebenfalls anspringt. Der Fernseher geht dann hingegen aus. Und wenn ich dann auf "XBox spielen" gehe, geht der Streaming-Client wieder auf Stopp, die XBox schaltet sich ein, der Fernseher geht wieder an. Man kann das auch mit Heimautomation weiterkombinieren: Wenn ich im Wohnzimmer den Streaming-Client einschalte (er hat einen kleinen Touch-Bildschirm), sorgt "Home Automation" dafür, dass die "Harmony Hub" den Verstärker einschaltet. Wenn ich dann in die Küche gehe, löse ich einen Bewegungssensor aus. Ist es bereits dunkel, schaltet das Licht ein, aber nicht nur das: In der Küche ist ein Streaming-Client, der aktiviert wird, ebenso wie eine Soundbar, an die er angeschlossen ist. Da sich beide Musik-Clients synchronisieren, läuft dann in der Küche dieselbe Musik wie im Wohnzimmer. Hat sich in der Küche fünf Minuten lang nichts bewegt, geht das Licht aus, aber nicht nur das, sondern auch der Streaming-Client in der Küche und die Soundbar werden wieder ausgeschaltet. Genau dieselbe Konstruktion mit Licht und Musik haben wir im Bad. Die Musik wird aber in Bad und Küche nicht eingeschaltet, wenn im Wohnzimmer keine Musik läuft. Das klingt jetzt kompliziert, ist aber innerhalb von einem halben Tag programmiert und erspart es uns, dass wir mit zehn oder mehr Fernbedienungen herumwursteln müssen.
So, nun viel Spaß damit, und noch der Hinweis, dass man ständig Ideen bekommt, was man noch so alles automatisieren kann, und es dementsprechend eher mehr als weniger wird.